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Fall des Monats - Archiv

Unser Patient

Eine 9 Jahre alte, kastrierte American Staffordshire Hündin wurde wegen Schlappheit und Bewegungsunlust in der Praxis vorgestellt. Der Besitzer hatte den Eindruck, dass die Hündin Schmerzen habe, da sie nur noch widerwillig ins Auto springen wollte, beim Spazieren gehen hinterher trottete und den Schwanz einzog. Diese Veränderung waren seit 3 Wochen schleichend beobachtet worden.

Bei der klinischen Untersuchung ließ die Hündin den Kopf hängen und machte insgesamt einen „müden“ Eindruck. Die Körpertemperatur war mit 40,1 °C deutlich erhöht (normal: 38 - 39 °C). Da die Hündin beim Durchtasten des Bauchraums Schmerzäußerungen zeigte, allerdings nicht reproduzierbar, wurden als weiterführende Untersuchungen der Bauch röntgenologisch und ultrasonographisch abgeklärt. Beim Ultraschall fiel vor allem eine Vergrößerung der Milz (Splenomegalie) auf. Die Blutuntersuchung zeigte, dass alle Zelllinien des Knochenmarks (Rote Blutkörperchen, Weiße Blutkörperchen, Blutplättchen) in ihrer Anzahl reduziert waren.

Der Antikörpertiter gegen Anaplasma (Ehrlichia) phagocytophilum war mit 1 : 4000 (normal < 1: 50) deutlich erhöht. Der Test auf Borreliose-Antikörper hingegen war negativ. Somit wurde die Diagnose Anaplasmose gestellt.

Erreger und Vorkommen

Die Anaplasmose wird auch granulozytäre Ehrlichiose genannt und wird durch Bakterien der Gattung Rickettsiaceae verursacht, die von der Zeckenart Ixodes ricinus (Gemeiner Holzbock) übertragen werden. Die Übertragung erfolgt mit dem Zeckenspeichel nur kurzzeitig, d.h. ca. 40 - 48 Stunden nach dem Zeckenbiss. Die Aktivitätsphase von I. ricinus beginnt bei Temperaturen ab 7°C und dauert in der Regel von März bis November. Die Anaplasmen befallen bestimmte Abwehrzellen des Hundes (neutrophile und eosinophile Granulozyten) und gelangen mit ihnen über den Blutweg zu verschiedenen Organen.

Während in Deutschland Infektionen mit A. phagocytophilum erst seit kurzer Zeit Beachtung finden, werden Fälle von Anaplasmosen in der Schweiz schon seit einigen Jahren beim Hund beschrieben, weshalb auch von der „Schweizerischen Ehrlichiose“ gesprochen wird. In Deutschland wurden für A. phagocytophilum in Ixodes ricinus Prävalenzen (Häufigkeiten des Befalls) von 1 - 4,1 % ermittelt. Bestimmend für das autochthone (einheimische) Vorkommen von A. phagocytophilum ist das Vorkommen infizierter Arthropodenvektoren (Ixodes ricinus) und das Vorhandensein von Erregerreservoiren unter den Haus- und/oder Wildtieren (Rotwild, Nagetiere, Füchse, Pferd, Rind, Schaf, Hund).

Eine der Anaplasmose ähnliche Erkrankung stellt die Infektionen mit Ehrlichia canis (canine monozytäre Ehrlichiose) dar, die ebenfalls durch Zeckenbisse übertragen wird, aber im Allgemeinen nur bei Hunden auftritt, die aus dem Ausland (Mittelmeerländer) stammen oder dorthin gereist sind.

Symptome

Von der Infektion bis zum Auftreten akuter Krankheitssymptome vergehen in der Regel 4 bis 11 Tage.

Symptome einer Anaplasmose sind plötzlich einsetzendes hohes Fieber, Apathie, Verweigerung der Futteraufnahme, Entzündungen mehrerer Gelenke, Gelenkschwellungen, Gelenkschmerzen, Lahmheiten, Muskelschmerzen, Schwellung der Lymphknoten, Erbrechen, Durchfall, zentralnervöse Symptome mit Hirnhautentzündung, Netzhautablösung und Erblindung. Es kann zu Vergrößerungen von Milz und Leber kommen.

Nach solch einer akuten Phase der Anaplasmose werden die Erreger entweder aus dem Körper eliminiert oder verbleiben im Knochenmark, ohne jedoch Symptome hervorzurufen (sogenannte subklinische Phase). Durch eine Schwächung des Immunsystems können die Erreger erneut aktiv werden und in der chronischen Phase der Erkrankung wieder klinische Symptome wie wechselnde Lahmheiten hervorrufen.

Todesfälle sind relativ selten, können aber in jeder Krankheitsphase auftreten.

Typische Laborwertveränderungen bei der Anaplasmose sind eine leichte Erniedrigung der Blutplättchen (Thrombozyten), der Lymphozyten, der neutrophilen und eosiniophilen Granulozyten sowie Blutarmut (Anämie). Diese Panzytopenie tritt aufgrund einer Knochenmarkshypoplasie (unzureichende Zellbildung) auf. Zudem können einige Leberenzyme (ALAT, AST, AP) erhöht und der Proteingehalt verändert sein.

Differentialdiagnose

Wichtige Differentialdiagnosen der Anaplasmose, die ähnliche Symptome beim Hund verursachen können, sind die Borreliose, Babesiose und Ehrlichiose.

Therapie der Anaplasmose

Das Mittel der Wahl gegen die Anaplasmose beim Hund stellt das Antibiotikum Doyxcyclin dar. Es wird in einen Dosierung von 2 x täglich 5 mg/kg über 3-4 Wochen oral verabreicht.

Je nach Schwere der Symptome sind zudem weitere Maßnahmen wie Bluttransfusionen, die Gabe des anabolen Steroids Nandrolondecanoat zur Stimulation des Knochenmarks sowie Prednisolon (Kortison) zur Dämpfung immunbedingter Reaktionen notwendig.

Nicht in allen Fällen ist eine Anaplasmose heilbar, da sich Bakterien ins Knochenmark zurückziehen können. Die Erkrankung muss dann jedoch nicht zwingend erneut ausbrechen.

Diagnose

Die klinischen Symptome können lediglich einen Hinweis auf eine Anaplasmose liefern. Häufig erfolgt zur Diagnosestellung eine Blutabnahme, die dem indirekten Erregernachweis mittels Immunfluoreszenztest dient. Dabei werden die vom Körper gebildeten A.-phagocytophilum-spezifischen Antikörper bestimmt. Der hierbei gewonnene Titer-Wert gilt bei < 1:50 als negativ, bei 1:50 – 1:100 als schwach positiv und bei > als 1:100 als positiv. Ein Nachweis ist ab dem 10. bis 14. Tag nach der Infektion möglich. Allerdings kann die Serokonversion, also die Bildung der Antikörper, sehr verzögert erfolgen oder ganz ausbleiben, so dass ein negatives Ergebnis eine Infektion nicht sicher ausschließen kann. Auf der anderen Seite können auch gesunde Hunde durch Kontakt mit dem Erreger A.-phagocytophilum-spezifische Antikörper bilden, ohne erkrankt zu sein. Dies soll in Deutschland bei ca. 20 % der Hunde der Fall sein! Daher macht in einigen Fällen eine wiederholte Bestimmung des Antikörpertiters im Abstand von 14 Tagen Sinn. Ist bei der zweiten Untersuchung der Antikörpertiter im Vergleich zur ersten Untersuchung deutlich angestiegen (um ca. das Vierfache), ist dies ein relativ sicherer Hinweis auf eine Anaplasmose.

Der direkte Nachweis der Erreger in den neutrophilen Granulozyten des Blutes im Ausstrich ist meist nur während des akuten Krankheitsgeschehen (ab dem 4. bis 14. Tag nach der Infektion für einen Zeitraum von 4 bis 8 Tagen) möglich. Ein negatives Resultat schließt eine Infektion jedoch nicht aus! Ebenso können die Erreger direkt mittels einer molekulargenetischen Methode (PCR) aus dem Blut, Bioptaten von Milz oder Knochenmark nachgewiesen werden, wobei ein negatives Ergebnis ebenfalls eine Infektion nicht ausschließen kann.

Therapiekontrolle

Als Therapiekontrolle dient die Überprüfung des Blutbildes hinsichtlich der Normalisierung der Werte sowie die Bestimmung des Anaplasmose-Antikörper-Titers. Dieser sollt nach 9 Monaten im Immunfluoreszenztest negativ sein.

Prävention

Bisher gibt es keinen in Deutschland verfügbaren Impfstoff gegen die Anaplasmose. Man kann versuchen, seinen Hund vor der Infektion zu schützen, indem man gegen die Überträger, d.h. die Zecken (Ixodes ricinus) vorgeht. Dabei haben sich besonders die Anwendung von Pyrethroiden bewährt. Sie werden in Form von imprägnierten Halsbändern oder im spot on-Verfahren eingesetzt. Die Zecken haften zwar kurzzeitig am Hund, lassen sich dann aber wieder fallen. Dies geschieht aufgrund der starken Reizung der an den Extremitäten oberflächlich liegende Nervenzellen der Zecken durch die Pyrethroide. Je nach Applikation dauert die Schutzwirkung unterschiedlich lange an. Außerdem ist es sinnvoll, nach jedem Spaziergang den Hund gründlich nach Zecken abzusuchen und zu entfernen.

Zurück zum Fall ...

Am Tag der Vorstellung in der Praxis wurde die Hündin mit einem fiebersenkenden Mittel und einem Breitspektrum-Antibiotikum behandelt, so dass es ihr am darauffolgenden Tag vom Allgemeinbefinden deutlich besser ging und die Körperinnentemperatur im Normbereich lag. Sobald die Blutergebnisse des Labors vorlagen, die in Zusammenhang mit den klinischen Symptomen deutlich für eine Anaplasmose sprachen, wurde das Antibiotikum auf Doxycyclin in einer Dosierung von 2 x täglich 5 mg/kg gewechselt, das 3 Wochen gegeben werden sollte. Zur Zeit bekommt die Hündin in der 2. Woche Doxycyclin und ist symptomfrei. Nach Ende der Antibiotikagabe ist vorgesehen, in einer erneuten Blutuntersuchung zu überprüfen, ob die veränderten Parameter wieder im Normbereich liegen. Auf eine gepaarte Serumprobe, d.h. der Nachweis eines Anaplasma-Titeranstiegs 2 Wochen nach der ersten Blutentnahme, wurde aufgrund der zur Anaplasmose passenden klinischen Symtome (Schlappheit, Lahmheit, Fieber), labordiagnostischen (Panzytopenie) sowie ultrasonographischen (Milzvergrößerung) Ergebnisse und des sehr hohen Titers (1:4000) verzichtet.

Neben dem Verschwinden der klinischen Symptome und der Veränderungen des Blutbildes kann zur Therapiekontrolle die Normalisierung des Anaplasmose-Antikörper-Titers 9 Monate nach der Diagnose dienen.

Ob eine vollständige Heilung vorliegt, kann nie mit Sicherheit geklärt werde, da selbst die negativ PCR auf Anaplasmen-Erbsubstanz (DNS) in einem Knochenmarkbioptat falsch negativ sein kann.

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